P R E S S E M I T T E I L U N G Wir brauchen dringend eine neue GOÄ – aber nicht so !
Samstag, 14. September 2024
Das soll also das Ergebnis jahrelanger Überlegungen, Diskussionen und Kalkulationen sein: Sprechende Medizin (Beratung und Untersuchung) +65%, unmittelbare Patientenversorgung +6%, Technische Fächer (Labor, Radiologie) -29%. So zumindest hat es die Bundesärztekammer (BÄK) in einer Informationsveranstaltung diese Woche auf einer Präsentationsfolie zusammengefasst.

 Alle diejenigen, die viele Lebensstunden darin investiert haben, eine an der Realität der täglichen Patientenversorgung orientierte Abrechnungslogik auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation zu erarbeiten, müssen dies als Schlag ins Gesicht empfinden. Vor allem, wenn dies öffentlich als Zusammenfassung eines jahrzehntealten Prozesses präsentiert wird. Denn bei aller Korrekturbedürftigkeit der bisherigen Systematik weicht dies weit von dem ab, was  in den Gesprächen der Verbände mit der BÄK konsentiert worden war.

Nach Einigung über den „Paragraphenteil“ einer neuen GOÄ zwischen BÄK, PKV und Beihilfe konnte die Ärzteseite im Jahr  2021 eine erste vollständige und mit den Berufsverbänden abgestimmte Version zu Legendierung und Bewertung der GOÄ in die Verhandlung einbringen und dem Gesundheitsministerium vorlegen.  Dann folgten mehr als 3 Jahre intensiver Gespräche zur Folgenabschätzung und Plausibilisierung der Kalkulationen zwischen BÄK, PKV und Beihilfe – allerdings hinter verschlossenen Türen und ohne jede inhaltliche Information an die betroffenen Berufsverbände. Nachfragen dazu wurden stets abgewehrt mit der Aussage, man habe ja eine konsentierte Version vorgelegt und sich diesbezüglich vorab abgestimmt. Das Ergebnis der Nachverhandlungen sehen wir erst jetzt in einer Präsentation.  Und dazu   heißt es, darüber könne nur bei groben strukturellen Fehlern diskutiert werden.
Die GOÄ aus dem Jahr 1996 muss reformiert und durch eine neue GOÄ ersetzt werden  – ohne Frage. Ist sie doch der Garant für den Fortbestand des freien Arztberufes. Und Anpassungen  an ein jahrzehntealtes Opus und Neubewertungen sind allein unter Berücksichtigung der rasanten medizinischen Entwicklung richtig und wichtig. Ein Dissens unter den verschiedenen Fachgruppen ist angesichts der aktuellen politischen Situation ebenfalls weder förderlich noch zielführend. Dennoch steht  die Zahl -29% im Raum. Dies bedarf der Analyse und ggf. auch der Erklärung für die starke Abweichung zum bisher Vereinbarten. Dies wird der BDR tun und einfordern!
Eine Präsentation mit einer derart pointierten Zusammenfassung der Ergebnisse, die eindeutige Gewinner und Verlierer der Reform öffentlich definiert bevor alle Details bekannt sind, führt sicherlich nicht zum gewünschten Konsens, den wir gegenüber der Politik dringend brauchen. Damit lässt sich die Ärzteschaft – mal wieder – in zwei Lager spalten: „Sprechende Medizin“, die politisch erwünscht und gefördert ist, gegen „Diagnostische Medizin“, die nur Geld kostet und die als finanzieller Verschiebebahnhof am Schluss, wenn alles mal wieder zu teuer wird, noch rasch mit erheblichen Kürzungen „beglückt“ wird, um das Projekt finanziell zu retten. Diese Differenzierung gibt es nicht, darf es auch nicht geben und wir alle sollten der Versuchung widerstehen, uns von außen so klassifizieren zu lassen. Es gibt nur medizinisch hochwertige Patientenversorgung, zu der wir alle verpflichtet sind und zu der wir alle täglich unseren Beitrag leisten. Und die Systemrelevanz auch der technischen Leistungen ist doch allen Beteiligten bewusst und die Rasanz der Weiterentwicklung vollkommen unstrittig!

Sollte es sich also bei den -29% (und auch den +65%?) nicht um eine politische Zahl handeln, ist davon auszugehen, dass die Reform der GOÄ – mal wieder – nicht sachlich und betriebswirtschaftlich fundiert, sondern politisch motiviert ist. Zum Nachteil der medizinischen Fachgruppen, deren Leistungen man im täglichen Leben sehr gerne - und wie wir alle wissen auch in immer größerem Umfang - einfordert und wahrnimmt. Selbstverständlich mit modernster und aufwändigster Technologie, die ihren Preis hat. Nur am Zahltag will es dann keiner gewesen sein. Das bedarf der Korrektur und damit dringend des Gesprächs, zu dem wir nach gründlicher Analyse der Detaildaten die BÄK auffordern.

Prof. Hermann Helmberger
Präsident

 

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