Editorial „Frühsommer 2024 – Jetzt müssen die Weichen richtig gestellt werden“
Info 06-24
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
so richtig hatte keiner mehr daran geglaubt: aber nachdem das sogenannte Transparenzgesetz in Kraft war haben zwischenzeitlich auch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) das Bundeskabinett passiert. Aber um welchen Preis.
Kaum war die erste Version des Klinikatlas veröffentlicht hagelte es Hinweise auf eklatante Fehler. Ein schlechter Start, sollte doch die Information für die Kranken auf der Suche nach dem geeigneten Klinikum damit erleichtert werden. Ein unnötiger weiterer Vertrauensverlust auf ganzer Linie. Auch mag man es durchaus als fragwürdig empfinden ob der Beginn eines parlamentarischen Beratungsverfahrens (hier des KHVVG) zeitlich so kalkuliert sein muss, dass bei Beschluss der Kabinettsvorlage die juristische Prüfung innerhalb der Ressorts noch nicht abgeschlossen ist. Wer soll verantwortungsbewusst entscheiden können, wenn der Text wenige Tage zuvor nochmals an entscheidenden Punkten geändert wird. Und z.B. der finanzielle Ausgleich der Belastung der Krankenhäuser durch die Tarifabschlüsse kurzerhand ein weiteres Jahr nach hinten verschoben wird. Das wird für eine nicht kleine Anzahl von Kliniken dann zu spät sein. Will man also doch das „kalte“ Kliniksterben, weil es ja so einfach ist die zweifellos notwendige Reduzierung von Klinikstandorten festzustellen, aber nicht daran schuld zu sein, weil ja per Gesetzesvorhaben im Nachhinein die erhöhten Aufwendungen ausgeglichen werden? Wer so kalkuliert übersieht, dass auf diesem Weg auch relevante Häuser in Insolvenz gehen werden und vor allem auch, dass einmal zerstörte Strukturen nicht kurzerhand reaktiviert werden können. Über öffentlich gemachte Schreiben ausgetragenen Streitereien der Akteure aus Bund und Ländern tragen sicher auch hier nicht zur Vertrauensbildung bei.
Ähnlich verwirrt blickt man auf das ebenfalls vom Bundeskabinett verabschiedete GVSG. Zwar wird darin die erwartete Entbudgetierung der Hausärzte festgeschrieben. Die ebenfalls angekündigte Folgeregelung für die Fachärzte fehlt aber. Und auch hier wurden in einer kurzfristigen Novellierung der Kabinettsvorlage entscheidende Punkte verändert. U.a. sind die vom Minister wiederholt als unverzichtbar bezeichneten 1000 Gesundheitskioske plötzlich verschwunden. Waren sie doch nicht so wichtig oder zeugt die Änderung gar von Einsicht beim Verfasser des Gesetzes? Mitnichten. Wird doch unverhohlen kommuniziert, dass man z.B. die Kioske im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens schon wieder rückverhandeln werde. Sieht so Ressortabstimmung im Vorfeld eines Kabinettsbeschlusses bzw. abgestimmtes Vorgehen einer Koalitionsregierung aus? Man fühlt sich eher an in Deutschland und in Kiosken schon gar nicht gebräuchliche Handelsszenarien erinnert.
All dies hat natürlich auch direkte Auswirkungen auf die Radiologie. Verunsicherung des Personals in Klinik und Praxis, ausbleibende Planbarkeit und Sorge um die eigene Existenz. Einen Stillstand der Reformvorhaben durch den herannahenden Bundestagswahlkampf kann unser Gesundheitswesen nicht ohne wirkliche Schäden überstehen. Jetzt müssen die Weichen für die notwendigen Anpassungen zügig gestellt werden. Dazu bedarf es einer einigen berufspolitischen Vertretung unseres Faches, wozu BDR und DRG mit ihrer strategischen Partnerschaft entscheidende Schritte getan haben. Dazu bedarf es aber auch eines starken Spitzenverbandes der Fachärztinnen und Fachärzte (SpiFa) unter Mitarbeit möglichst aller fachärztlichen Disziplinen. Alleingänge, aus welcher gut gemeinten Motivation heraus auch immer, schaden dem Erfolg aller und spielen der Gegenseite in die Hände.
Der BDR wird weiter zusammen mit der DRG und im SpiFa entschieden für die Interessen aller Radiologinnen und Radiologen in Klinik und Praxis eintreten!
Prof. Dr. med. Hermann Helmberger
Präsident