Ärztliche Diagnostik bei der Krankenhausreform adäquat berücksichtigen
Wir haben als Dachverband Ärztlicher Diagnostikfächer (DVÄD) im BMG, in einem Gespräch mit Vertretern des BMG, unsere Forderungen zur Krankenhaus-Reform formuliert.
Ärztliche Diagnostik bei der Krankenhausreform adäquat berücksichtigen
Unsere Statements
- Eine flächendeckende ärztliche Diagnostik ist systemrelevant und versorgungskritisch – die Coronapandemie und die personalisierte Krebsmedizin
zeigen dies eindrücklich.
- Wir sind Schlüsseldisziplinen in der Früherkennung, Diagnose, Therapieplanung und -überwachung sowie Nachsorge. Wir begleiten die PatientInnen
durch alle Stationen ihrer Erkrankung.
- Wir arbeiten für alle Fachdisziplinen und das sektorenübergreifend. Wir begleiten PatientInnen so schnittstellenfrei zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.
- Diagnostik ist effizient: Sie ermöglicht den Einsatz von zielgerichteten, individuellen Therapiekonzepten.
- Wir sind vor Ort und integriert: Neben den ärztlichen Befunden ist die interdisziplinäre Beratung zwischen diagnostisch und therapeutisch tätigen Fachärztinnen und -ärzten elementar für die Therapieentscheidung und -überwachung. (Beispiel: Tumorboard).
- Allerdings: Im Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes
(KHVVG) sind diagnostische Leistungen kaum berücksichtigt, obwohl sie in
praktisch allen Leistungsbereichen eine fundamentale Rolle spielen. Die diagnostischen Fächer sind weder als eigene Leistungsgruppe(n) noch hinreichend in den Qualitätskriterien anderer Leistungsgruppen aufgeführt.
- Aufgrund der Relevanz für die medizinische Gesamtversorgung sind eine
adäquate Berücksichtigung der diagnostischen Fächer in der Krankenhausreform unabdingbar und Nachbesserungen dringend erforderlich.
- Der DVÄD unterstützt gern bei der konkreten Ausgestaltung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) und bei der Integration
der Diagnostik in die Leistungsgruppensystematik – im direkten Austausch
mit dem BMG und über das angedachte Verfahren über die AWMF.
Die Pathologie
- Rund 420.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte im ambulanten und stationären Sektor werden von ca. 1.700 PathologInnen versorgt.
- Lediglich 164 der knapp 1.900 Krankenhäuser verfügen über eine eigene
Krankenhauspathologie, die anderen Häuser werden über Kooperation mit
Pathologieinstituten versorgt.
- Die 1.300 Organkrebszentren werden von 265 Instituten regional versorgt.
Jedes dieser pathologischen Institute versorgt damit durchschnittlich fast
fünf Krebszentren.
- Insb. im Bereich der Krebsmedizin spielt die Pathologie mit Ihren diagnostischen Methoden eine Schlüsselrolle und ist in jedem mind. wöchentlich
stattfindenden Tumorboard jedes Krebszentrums persönlich vertreten, um
die möglichen Therapieoptionen im individuellen PatientInnenkontext mit
den behandelnden ÄrztInnen zu besprechen.
- Die Komplexität der pathologischen Leistungen nimmt insb. durch die Entwicklungen in der personalisierten Medizin kontinuierlich zu. Die leitliniengerechte Versorgung erfordert zunehmend umfangreiche pathologische
Diagnostik. Diese Entwicklungen wirken sich auch auf die Kosten für pathologische Leistungen aus, unabhängig davon, ob diese inhouse oder extern
erbracht werden.
Die Pathologie repräsentiert zwar nur 0,4 % der Ärzteschaft, ihr Beitrag für die
medizinische flächendeckende Gesamtversorgung – im Besonderen und in zunehmendem Maße für die personalisierte Krebsmedizin – ist jedoch elementar.
Bei den Anpassungen der Vergütungssysteme (Vorhaltepauschalen, DRGs und
Hybrid-DRGs) müssen die umfangreichen und komplexen pathologischen Leistungen adäquat berücksichtigt werden.
Die Radiologie
- 4.621 stationäre und 4.366 ambulante Ärztinnen und Ärzte arbeiten in der
Radiologie (Stand 2022). Dabei gibt es zahlreiche sektorübergreifende Versorgungsstrukturen (stationäre KH-Abteilung mit einem oder mehreren
Standorten, Praxis am KH, MVZ am KH, MVZ neben der stationären Einheit,
Einzel- und Großpraxis).
- Die Radiologie ist zentraler Bestandteil der stationären und ambulanten Diagnostik, die entscheidend zur Verkürzung der Zeit zum Therapiebeginn
beiträgt. Sie ist ambulant und stationär patientennah durch unmittelbare
Befundbesprechung und ggf. Therapieempfehlung.
- Die Radiologie ist in annähernd allen medizinischen Fachbereichen tätig
und bietet sämtliche bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, konventionelle Radiologie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie,
Mammographie, diagnostische und therapeutische interventionelle Verfahren.
- Besondere Bedeutung hat die Interventionelle Radiologie innerhalb der
Therapiekonzepte der Gefäßmedizin und der Onkologie für Diagnostik und
Therapie (Gefäßeröffnungen, -verschlüsse, Histologiegewinnung, Tumorembolisation, -ablation).
- Mit Zunahme der komplexen Therapieschemata insbesondere in der Onkologie steigt der Umfang der Bildgebung und bildgestützten Therapie jährlich weiter an.
- Im Rahmen sämtlicher Zertifizierungen von ISO 9001, Organzentren der
DKG, Spezialzentren der Fachgesellschaften ist die Radiologie stets ein
Hauptkooperationspartner.
- Im Rahmen des derzeitigen DRG-Systems ist die Radiologie nur unvollständig abgebildet. Das darf bei einer Reform nicht in gleicher Weise erneut erfolgen.
Die Laboratoriumsmedizin
- Ca. 2.500 Ärztinnen und Ärzte arbeiten derzeit in den Teilgebieten Laboratoriumsmedizin, Medizinische Mikrobiologie und Transfusionsmedizin.
- Als von Anbeginn typisches Querschnittsfach versorgt und begleitet die Laboratoriumsmedizin in allen Spielarten der medizinischen Versorgung und
allen – auch vorgenannten - Gesellschaftsformen ambulant und stationär –
von der Wiege bis zur Bahre.
- Die Laboratoriumsmedizin ist wesentlicher Träger und Stabilisator des medizinischen Fortschrittes und in ca. 70% aller Diagnosen mit entscheidend.
- Die Laboratoriumsmedizin erfolgt ausnahmslos unter den Rahmenbedingungen der Richtlinien der Bundesärztekammer und überwiegend akkreditiert nach DIN ISO EN 15189 als ärztliche Leistung.
- Die Vergütung der Laboratoriumsmedizin erfolgt im stationären Bereich
nach den Regeln der GOÄ, im ambulanten Bereich nach den Regeln des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabes EBM.
- GOÄ und EBM sind nicht kongruent.
- Befürchtet wird, dass wie bisher die mangelnde Berücksichtigung der Erfordernisse der Laboratoriumsmedizin auch in künftigen Entwicklungen
des DRG-Systems weiter wenig Berücksichtigung findet.
- Damit wird eine der wesentlichen Säulen des zukünftigen Versorgungsgebäudes gleich von Anbeginn willentlich geschwächt.
- Begrüßenswert wäre ein ständiger Beirat bei der Weiterentwicklung des
DRG-Systems aus den Mitgliedern des DVÄD.
- Begrüßenswert wäre im Rahmen der Weiterentwicklung eine klare Weiterentwicklung hin zu festen, von den stationären Einrichtungen nicht unterlaufbaren Vergütungssätzen.
- Nur unter diesen Voraussetzungen lässt sich die in den Leistungsgruppen
angedachte Versorgung mit sogenanntem Allgemein- oder Grundlabor unter 24/7-Bedingungen aufrechterhalten.
Die Nuklearmedizin
- In der Nuklearmedizin sind 795 Ärztinnen und Ärzte ambulant und 387 stationär tätig (Stand 2022). Dabei gibt es analog zur Radiologie zahlreiche
sektorübergreifende Versorgungsstrukturen (stationäre KH-Abteilung mit
einem oder mehreren Standorten, Praxis am KH, MVZ am KH, MVZ neben
der stationären Einheit, Einzel- und Großpraxis).
- Die nuklearmedizinische Diagnostik ist zentraler Bestandteil in der Festlegung von Therapiestrategien von Organerkrankungen und in jüngster Zeitv.a. auch von onkologischen Erkrankungen. Hier spielt das PET/CT einewichtige Rolle als diagnostische Methode zur Bestimmung der Krankheitslast (Staging) und zur Therapiekontrolle.
- Im Gegensatz zu den anderen „Diagnostikfächern“ ist die Nuklearmedizin
auch therapeutisch tätig, v.a. bei Schilddrüsenerkrankungen, in denen die
Nuklearmedizin neben den Hausärzten die Hauptlast der Behandlungen
trägt.
- Die Nuklearmedizin hat in den letzten Jahren zunehmend eine Rolle in der
individualisierten Therapie von onkologischen Erkrankungen übernommen
(z.B. bei Prostata-Tumoren mit der Lu-177-PSMA-Therapie) und ist damit
einer der Innovationstreiber im Gesundheitswesen.
- Im Rahmen des derzeitigen DRG-Systems ist die Nuklearmedizin nur unvollständig abgebildet. Das sollte bei einer Reform geändert werden