EDITORIAL „Sommer in der Stadt – Ruhe vor der Revolution im Gesundheitswesen?“
Info 08-23
„Sommer in der Stadt – Ruhe vor der Revolution im Gesundheitswesen?“
Liebe Kolleginnen udn Kollegen,
wenn Ende Juli auch in Bayern die Schulferien beginnen, liegt zumindest für einige Tage tatsächlich sommerliche Ruhe über dem gesamten Land. Manche haben den Urlaub allerdings auch schon hinter sich und genießen möglicherweise die etwas verminderte Geschwindigkeit im Alltagsgeschäft.
Auch der politische Betrieb hat sich in die Sommerpause verabschiedet. Nicht ohne bei der letzten gemeinsamen Sitzung der Bund-Länder-Kommission zur Krankenhausreform noch den großen Durchbruch zu verkünden. Das bekannt gewordene Eckpunktepapier lässt allerdings echte konsentierte Meilensteine weitgehend vermissen. Ja, man hat sich auf das „ob“ zu einer Krankenhausreform verständigt, das „wie“ bedarf allerdings noch erheblicher Ausgestaltung und ist allenfalls als Minimalkonsens einzustufen. Der BDR arbeitet gemeinsam mit der DRG auf allen verfügbaren Kanälen daran eine entsprechende Positionierung der Radiologie in der künftigen Gesundheitsversorgung zu erreichen. Derzeit hat man allerdings den Eindruck, dass die Reformierung der Krankenhauslandschaft rein aus dem universitären Blickwinkel heraus aufgesetzt werden soll und z.B. zusätzliche Leistungsgruppen, wie von uns für die Interventionelle Radiologie gefordert, zunächst nicht umgesetzt werden sollen. Damit wird die „Revolution“ im Gesundheitswesen, wie sie von ministerieller Seite gerne genannt wird, den vielen Krankenhäusern unterschiedlichster Größe, die die Hauptlast der klinischen Versorgung tragen, keineswegs gerecht. Vor allem brennt den Kliniken, die nicht durch die schützende Hand des Staates in ihrer Existenz gesichert sind, die Zeit unter den Nägeln. Kaum ein kaufmännischer Direktor, der nicht verzweifelt versucht durch Erlössteigerungen oder Einsparungen seine Klinik über Wasser zu halten. Eine kalte Bereinigung wird zwar von höchster Seite stets verneint, durch die aktuellen Handlungen aber wohl doch stillschweigend in Kauf genommen. Denn selbst wenn die Reform am 1.1.2024 irgendwie in Kraft tritt, könnte es für eine große Zahl an Kliniken zu spät sein bis die Veränderungen greifen. Es braucht jetzt entsprechende finanzielle Maßnahmen, bevor die Versorgung der Bevölkerung ernsthaften Schaden nimmt. Es bleibt also noch jede Menge Arbeit den von der Bund-Länder-Kommission skizzierten Rahmen mit pragmatischen und für die tägliche Arbeit umsetzbaren Lösungen zu füllen.
Ähnlich unklar stellt sich für die im Tagesgeschäft agierenden Ärztinnen und Ärzte das Thema der Ambulantisierung bisher stationärer Leistungen dar. Auch hierbei ist unbenommen, dass die Thematik sehr vielschichtig und in engem Kontext mit der bereits erwähnten Krankenhausreform zu sehen ist. Allerdings drängt sich, mehr noch als bei der Krankenhausreform der Verdacht auf, dass die Leistungserbringer erst einmal liefern sollen, dann folgen die Regelungen. Und auch hier findet seitens der Politik eine einseitige Betrachtung statt, die die Notwendigkeiten der derzeitigen ambulanten Gesundheitsversorgung weitgehend unbeachtet lässt. Darauf haben zuletzt die KBV und der SpiFa mit geharnischter Kritik hingewiesen. In der Radiologie geht es dabei insbesondere um interventionelle Leistungen in ihrer gesamten Breite. Und auch hier hat der BDR seine Kanäle genutzt die Fehlentwicklungen zu benennen und aufzuzeigen.
Sommer in der Stadt bedeutet für uns daher keineswegs sich der aus unserer Sicht trügerischen Ruhe hinzugeben. Vielmehr werden die vielfältigen Möglichkeiten genutzt, die Einzelgespräche, nicht zuletzt auf den zahlreichen Sommerempfängen der verschiedensten politischen Gruppierungen bieten, unsere Standpunkte vorzubringen und Einfluss zu nehmen. Der Vorstand des BDR wünscht Ihnen einen schönen und erholsamen Sommer – wir bleiben auch in dieser Zeit für die Radiologie am Ball.
Ihr Prof. Hermann Helmberger
Präsident, München