EDITORIAL Lauterbachs Pläne für die 2. Halbzeit
Mittwoch, 18. Mai 2022
Info 06-22

Liebe Mitglieder,

in den vergangenen zwei Jahren dominierte das Pandemie-Management den überwiegenden Teil der Kapazitäten des Gesundheitsministeriums. Karl Lauterbach, die Inkarnation dieser Bemühungen seit 6 Monaten, will sich nun aber auch allen anderen nötigen gesundheitspolitischen Baustellen (wieder) zuwenden: Oberste Priorität habe die Triage-Regelung und die Krankenhausreform, wozu das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert hat. Eine Finanzierungsreform zur Stabilisierung der Sozialen Pflegeversicherung soll erarbeitet werden, danach  schließt sich die GKV-Finanzierung an, deren Defizit von 17 Mrd. Euro das BMG durch einen „Maßnahmenmix“ („Wirtschaftlichkeitsreserven“ aktivieren,  unter zu Hilfenahme „nicht notwendiger“ Krankenkassenreserven, Erhöhung des Zusatzbeitrags und höherer Steuerzuschuss) in den Griff kriegen will.
Der Herbst naht – bevor es richtig Sommer wird. Die Pandemie-Strategie soll deshalb verbessert, neue Rahmenbedingungen für die auslaufenden Corona-Vorgaben formuliert werden, die G7-Präsidentschaft soll genutzt werden, um ein für alle Mal die Beendigung der Pandemie einzuläuten, Antibiotikaresistenzen und den Klimawandel zu bearbeiteten – und die WHO soll auch gleich mit reformiert werden.
Das Pandemie-Konzept des BMG sieht überraschend u.a. vor, mehr Impfungen durchzuführen und den Impfstoff-Einkauf effektiver zu gestalten.  Dazu gehört auch den Pflege-Bonus zu beschließen, um das Personal in Kliniken und anderen Einrichtungen besser zustellen.
Für die flächendeckende medizinische Versorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, plant das BMG „Gesundheitskioske“, die in Kooperation mit den Krankenkassen errichtet werden sollen.
Die Strategie für die ePA soll konkretisiert werden, die Perspektive für die Nutzer:innen soll verbessert werden. Ebenso wird es für das eRezept formuliert.
Im Herbst soll es dann ran an die Digitalstrategie gehen! 
Strukturell soll sich etwas beim GBA ändern: die Mitsprache von ärztlichen und Pflegeberufen soll gestärkt werden. Die „Assistenzberufe“ sollen aufgewertet werden.
Ein großer Wurf soll das Konzept für einen „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“ werden. Geplant sind „konkrete Maßnahmen, die unmittelbar die Versorgung verbessern“.

Förderung und Sicherstellung der Ambulanten Medizin – Fehlanzeige !

Rund um den diesjährigen Dt. Ärztetag häufen sich die Forderungen zur Umsetzung der GOÄ. NRW-Gesundheitsminister Laumann fand im Rahmen des Landtagswahlkampfs deutliche Worte: „Wenn nicht endlich etwas passiert, dann ist die Messe im niedergelassenen Bereich gesungen, und das regt mich auf“. Das BMG müsse die Bremse lösen, die Ärzteschaft habe alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Doch die GOÄ hat es nicht auf die Prioritätenliste des Ministeriums geschafft. Im Rahmen des Ärztetags in Bremen wird ihn das hoffentlich einholen – als Gastredner wird er den Fragen nicht ausweichen können. Denn: Eine neue GOÄ bedeutet aus Sicht der Ärzteschaft nicht (nur) mehr Geld, sondern zuvorderst eine Stärkung der ärztlichen Versorgung, eine Qualitätssicherung im eigentlichen Sinn, somit die Verbesserung der Patientenversorgung. Daran muss auch dem BMG gelegen sein!

Sabine Lingelbach
Berlin