EDITORIAL „Warum Berufspolitik (auch jetzt) wichtig ist“
Freitag, 02. Juli 2021
Info 07-21

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor wenigen Tagen stellte die Bundesumweltministerin die Nationale Wasserstrategie vor. Nachfolgend wurde in der Presse zumindest für einen Tag über die Bemühungen um die Sicherung der Ressource Wasser, die Notwendigkeit des gesicherten Zugangs zu sauberem Trinkwasser und die Möglichkeiten des Sparens von Wasser inklusive ggf. erforderlicher Rationierungen diskutiert. Weniger im Fokus der Öffentlichkeit standen die ebenfalls von der Ministerin angekündigten Überlegungen zur Aufbereitung der Abwässer und der im Rahmen des Nationalen Wasserdialogs bereits stattfindenden Gesprächsrunden mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen des Landes hierzu. So werden in der „Spurenstoff Strategie des Bundes“ explizit Optionen zur verminderten Einleitung bzw. Filterung derartiger Mikrostoffe wie etwa Arzneimittel diskutiert. BDR und DRG sind dabei am „Runden Tisch Röntgenkontrastmittel“ als einzige direkte Nutzer eines Spurenstoffes vertreten. Ziel der Diskussionen ist die Evaluation möglicher praktikabler Maßnahmen und hieraus resultierender Folgen zur Verringerung des Eintrags von Röntgenkontrastmitteln in das Abwasser. Diesen Prozess konstruktiv zu begleiten und dabei gleichzeitig die Sensibilität für die Thematik innerhalb der Radiologie zu erhöhen ist ein wichtiges Ziel, das BDR und DRG gemeinsam verfolgen.

Die Begehrlichkeiten anderer medizinischer Fachgebiete auf Teile der Radiologie sind nicht neu. Dennoch haben die Versuche insbesondere MRT-Untersuchungen auch außerhalb der Radiologie und ohne die Beteiligung von Radiologen durchführen zu können aktuell eine geänderte Qualität erhalten. Vielfach unbemerkt von der Öffentlichkeit befeuern kürzlich ergangene Urteile auf Landes- bzw. Oberlandesgerichtsebene die Argumentation der Befürworter einer derartigen Öffnung des Zugangs zur Erstellung von MRT-Untersuchungen. Hier die Vollständigkeit des Faches Radiologie zu wahren ist oberstes Ziel des BDR und wird in enger Abstimmung zusammen mit der DRG verfolgt.

Gefahren für die Struktur unseres Faches drohen auch von gänzlich anderer Seite. So wird durch den zunehmenden Eintritt von Großinvestoren in die Finanzierung radiologischer Praxen und MVZs die Zukunft des Radiologen als Unternehmer zumindest schwieriger, wenn nicht mittelfristig unmöglich gemacht. Da die Intention des Unternehmers dann eine völlig andere ist, würde dies auch Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung haben. Und neben den Praxen im Verlauf auch die Krankenhäuser betreffen, da immer mehr dieser Häuser schon heute von radiologischen Praxen versorgt werden. Leider ist in der Bundespolitik hier eine durchaus positive Einstellung zu derartigen investiv getriebenen Leistungserbringern zu erkennen. Eine Strömung, der berufspolitisch auf den unterschiedlichsten Kanälen zu begegnen ist.

Die dargestellten Themen imponieren wie ein sommerlicher Blumenstrauß unterschiedlichster Nuancen. Das bunte Gebinde zeigt aber auf, dass in vielen verschiedenen Bereichen unseres Faches berufspolitische Fragen zu bearbeiten sind – auch jenseits vom alles beherrschenden Infektionsthema. Der BDR ist deshalb auch zu Pandemiezeiten auf all diesen Gebieten unterwegs die Interessen der Radiologie zu wahren.
 

Prof. Hermann Helmberger
München