Laborärzte fordern Kostenerstattung „Es kostet eben eine Menge Geld, was wir hier machen“
Sonntag, 13. September 2020
Milliardenhilfen für die digitale Ausstattung von Kliniken und Gesundheitsämtern, aber kein Cent für die Labore? Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) findet das nicht gerecht – und fordert eine Kostenerstattung vom Bund.
Über eine schlechte Auftragslage können sich die Laborärzte in Deutschland derzeit nicht beklagen. In Zeiten der Corona-Pandemie wird quasi rund um die Uhr getestet. Liegt das Ergebnis vor, muss es so schnell wie möglich weitergeleitet werden: an den zuständigen Arzt, mitunter auch an den Patienten selbst, ans Gesundheitsamt, ans Robert-Koch-Institut (RKI) – und ans System der Corona-Warn-App. Die Laborärzte helfen also dabei, dass die Warn-App ihren Zweck erfüllen kann. Allerdings mussten sie dafür erst einmal kräftig digital aufrüsten. Für einen Anschluss an die Infrastruktur der App und für das Senden der Daten braucht es nämlich einen Konnektor und entsprechende Software. Und das kostet. Vor allem der Anschluss sowie die Anpassung der Scan-Software schlagen ins Budget. Häufig muss auch das Personal aufgestockt werden. „Für den niedergelassenen Laborarzt kommt da schnell ein fünfstelliger Betrag zusammen, für die Labore in den Krankenhäusern kann man sogar noch eine Null dranhängen“, sagt der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Laborärzte (BDL), Dr. Andreas Bobrowski. Kosten, für die die Labore derzeit noch selbst aufkommen müssen. Sie hoffen aber, dass sie darauf nicht sitzenbleiben. Beim BMG bereits vorgesprochen So hat der BDL in einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung eine klare Forderung formuliert: „Der Bund als Auftraggeber der App muss uns diese unabweisbaren Kosten endlich erstatten.“ Nun kann man Laborärzte wahrlich nicht zu der Gruppe der Schlechtverdiener zählen und jegliche Forderung nach mehr Geld wird ihnen schnell als Gier vorgeworfen. Das weiß auch Bobrowski. „Natürlich gehören wir nicht zu den Benachteiligten unter den Ärzten. Aber wenn wir sehen, dass in die Digitalisierung der Krankenhäuser und Gesundheitsämter Milliarden fließen, dann fänden wir es schon angemessen, wenn auch die Labore in diesem Bereich finanzielle Unterstützung bekämen.“ Zumindest ein Teil der Kosten solle den Laborärzten erstattet werden, auch „als kleine Anerkenntnis der engagierten Arbeit, die wir in der Pandemie leisten“, findet Bobrowski. „Wir erwarten vom Bundesgesundheitsminister, dass er sich zu dieser Finanzierungsfrage endlich äußert.“
Denn beim Bundesgesundheitsministerium habe der BDL schon in dieser Angelegenheit vorgesprochen, sagt der Laborarzt aus Lübeck. Der Verband habe sogar einen eigenen Vorschlag für ein in seinen Augen sinnvolles Finanzierungskonzept vorgelegt. Bislang sei jedoch nichts zurückgekommen. „Also haben wir gedacht, jetzt ist die Zeit gekommen, um uns auch mal öffentlich zu dem Thema zu äußern.“ Denn gerade kleinere Labore könne eine so große Investition, die zudem nicht vorhersehbar gewesen sei, in finanzielle Bedrängnis bringen, sagt Bobrowski. „Im schlimmsten Fall ziehen sich Labore aus der Corona-Testung zurück.“ Auch eine erneute Absenkung der Preise für die Corona-PCR-Tests, wie sie vor Kurzem AOK-Verbandschef Martin Litsch erneut gefordert hat, könne den gleichen Effekt haben, warnt der BDL-Chef. „Jedes Labor, dass aus der Corona-Testung ausscheidet, weil es sich einfach nicht mehr rechnet, schwächt uns im Kampf gegen die Pandemie. Das kann doch nicht im Sinne der Regierung sein.“ Man wolle die Regierung auf keinen Fall erpressen, betont Bobrowski, „es kostet nur eben eine Menge Geld, was wir hier machen“. Und mit noch etwas ist der BDL äußerst unzufrieden: mit der Effizienz der Corona-Warn-App. Die könnte nach Ansicht des Verbands viel höher sein. Denn zurzeit könnten die Laborärzte nur einen Bruchteil der Testergebnisse ins System der Warn-App einspeisen, kritisiert der BDL. Der Grund: Damit ein Testergebnis – verschlüsselt – an die Warn-App gesendet werden darf, muss der Patient einwilligen. Dafür muss er einfach das entsprechende Kästchen auf dem Auftragsformular für die Labore ankreuzen. Was jedoch in den meisten Fällen nicht geschehe, moniert der BDL. „Krasses Missverhältnis von Infektionstests zu erlaubten Meldungen“ Was das für Auswirkungen hat, unterstreicht der Verband mit Zahlen: Seit Mitte Juni sei die Corona-Warn-App 17,8 Millionen Mal heruntergeladen worden (RKI-Statistik, Stand 1. September 2020). Jedoch hätten lediglich 750.000 Testergebnisse ins App-System übertragen werden können, von diesen seien rund 2.100 positiv gewesen (Stand: 8. September 2020). Die RKI-Statistik weise aber seit Mitte Juni 7,36 Millionen Tests aus – bei 61.763 positiven Testergebnissen (Stand: 30. August 2020). „Das krasse Missverhältnis von Infektionstests zu erlaubten Meldungen an die App ärgert die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in den Laboren“, sagt BDL-Vorsitzender Bobrowski. „Wir investieren viel, damit die App funktioniert, der Nutzen bleibt aber eng begrenzt, weil die Ergebnisse nicht an die App gemeldet werden dürfen.“ So würden Daten verschwendet und Chancen vertan, Infektionsketten zu durchbrechen. Die Patienten müssten dringend besser darüber aufgeklärt werden, wie sie zum Nutzen der App beitragen könnten, fordert Bobrowski. „Es muss etwas passieren, denn so, wie es jetzt läuft, geht es nicht weiter.“ 13.09.2020, 08:18, Autor: sk |