EDITORIAL „Wir sind noch lange nicht über den Berg“
Freitag, 24. April 2020
Info 05-20
Liebe Mitglieder, das sagte nicht Luis Trenker, sondern Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie warnt in ihrer letzten Fernsehansprache vor einer übereilten Lockerung der Beschränkungen und einem daraus drohenden neuerlichen Shutdown. Das RKI meldete am 20. April bundesweit bereits mehr als 142.000 Infektionsfälle. Wie Ihnen leidlich bekannt, gelten bei der Weiterbildungsordnung, der Honorarverteilung, den Qualitätsrichtlinien usw., so auch bei der Pandemie-Bekämpfung, keine bundeseinheitlichen Kriterien. Der bundesrepublikanische Flickenteppich erweist sich hier auch wieder einmal als kontraproduktiv. Die Sicherungsmaßnahmen werden in den 16 Bundesländern äußerst uneinheitlich umgesetzt. Um aber das vorrangige Ziel aller Maßnahmen, den sogenannten Reproduktionsfaktor – also die Zahl der Personen, die von einem Infizierten angesteckt wird – unter eins zu halten und die Infektionsketten präzise nachverfolgt zu können, benötigt man eine einheitlich Strategie. Wie kann das gehen? Dafür bedarf es (auch) eines starken und gut funktionierenden Öffentlichen Gesundheitsdienstes – eben dieser Institution, die in den Ländern in der Vergangenheit systematisch kaputtgespart wurde. „Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist der Dreh- und Angelpunkt, was das Unterbrechen von Infektionsketten angeht“, sagte Jens Spahn. Anfang der Woche wurde nun beschlossen, das die knapp 400 Gesundheitsämter in Deutschland kurzfristig, Spahn nennt es „unbürokratisch“, 150.000 Euro zum Auf- und Ausbau der digitalen Infrastruktur erhalten. Dadurch soll, so Spahn, der Papier und Faxverkehr eliminiert werden, wodurch sich die Meldewege zwischen den Gesundheitsämtern und dem RKI verkürzen werden. Gute Idee – im Jahr 2020! Auch personell hakt es - im März wurde beschlossen, die Gesundheitsämter auch personell zu unterstützen. Der Personalschlüssel besagt jetzt: Je 20.000 Einwohner in Deutschland soll jeweils ein Team von fünf Mitarbeitern des öffentlichen Gesundheitsdienstes zuständig sein. Schwer zu realisieren, deshalb gibt es auch ein neu aufgelegtes Programm, das Medizinstudierende nach vorausgegangener Qualifizierung hier eingesetzt werden sollen. RadiologInnen in Klinik und Praxis – von der Selbstverwaltung und Politik seit jeher als technisches Personal angesehen und nicht als ärztliche Grundversorger anerkannt – stehen bereit, sich an Screening-Maßnahmen zu beteiligen. In einem Schreiben an Jens Spahn Ende März hat der BDR mittgeteilt, dass die Diagnostik mittels CT in der Lage ist, einen Infektionsverdacht zu bestätigen und so z.B. durch geeignete frühere Isolationsmaßnahmen die Verbreitung des Virus einzudämmen. Wir schrieben: „Lassen Sie uns die (noch) vorhandenen flächendeckenden, wohnortnahen Versorgungsstrukturen mit gerade jetzt unverzichtbarer radiologischer Bildgebung in Niederlassung und Krankenhaus nutzen. Maßnahmen, die jetzt kurzfristig erforderlich sind, können auch Vorsorge für zukünftige Krisenfälle und neue Versorgungskonzepte wie z.B. ein Lungenkrebs-Screening schaffen. Denn rechtzeitige zielgerichtete Diagnostik ist nicht teuer, sondern spart Geld und dringend benötigte Ressourcen für die Priorisierung und Behandlung derer, die einer medizinischen Versorgung bedürfen.“ Eine Antwort gab es bisher nicht. Bleiben Sie gesund! Sabine Lingelbach Geschäftsführerin
Dateianhänge
R 05_20 BDR-KBV EV2.pdf
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