EDITORIAL Wir sind keine Kontrastmittel-Dealer!
Samstag, 31. August 2019
Info 09-19

BDR  wies mediale Skandalisierung der radiologischen Kontrastmittelversorgung erfolgreich zurück – die Therapiefreiheit befindet sich noch in der Diskussion

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

die vom sog. Recherchenetzwerk von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung aufgestellten Behauptungen, dass Radiologen eine medizinisch nicht indizierte, patientengefährdende Mengenausweitung in der Anwendung von Kontrastmittel verursachen und dadurch die in der Abrechnung von Kontrastmittelpauschalen gezahlten Vergütungen in der Höhe ungerechtfertigt, die Versichertengemeinschaft belastend und gegebenenfalls strafwürdig sind, hielten einem Faktencheck nicht stand.  Dies ist auch das Ergebnis einer gemeinsamen Erörterung anlässlich dieser medialen Unterstellungen beim Bundesministerium für Gesundheit in Berlin, bei dem Vertreter der Krankenkassen  sowie der KBV, der Länder-KVen, der Aufsichtsbehörden sowie des  BDR zugegen waren.  Weiterhin wurde festgestellt, dass die Forderung nach gesetzgeberischen Maßnahmen zur Beendigung dieses sogenannten Skandals jeder Grundlage entbehren. Sicher erinnern Sie sich, die berufsempörten Politiker von Links und den Grünen sowie Herr Lauterbach riefen ohne nähere Kenntnis der Fakten reflexartig nach staatsanwaltlicher Überprüfung. Dies wirft ein Licht auf das prinzipielle Vertrauen der von den Patienten in ihrer Eigenschaft als Wähler in die Parlamente geschickten Politiker gegenüber den Ärzten -  insbesondere gegenüber uns Radiologen.  Letztlich bleibt auch unklar, warum sogenannte „Recherchejournalisten“, welche zum Teil freiberuflich skandalabhängig tätig sind, eine solche Resonanz erzielen können.  Der BDR konnte beim BMG nachweisen, dass in den sogenannten Pauschalen-Ländern und insgesamt die Kontrastmittelanwendungen, sowohl in der CT als auch in der MRT, homogen zwischen den Bundesländern verteilt sind und rückläufig verlaufen. Sie liegen weit unter dem europäischen und dem Weltdurchschnitt.  Seitens der KVen und der Krankenkassen wurde nochmals bekräftigt, dass Pauschalmodelle ein allgemein übliches Modell zur „Verbrauchsmaterial“Versorgung sind und zu erheblichen Kosteneinsparungen bei den Krankenkassen geführt haben. Die Legalitätsfrage stellt sich an keiner Stelle (siehe auch Ärztezeitung vom 26.08.19, allerdings erst auf Seite 15).  Leider ist das Thema Therapiefreiheit, in diesem Fall das potentiell patientengefährdende Risiko wirkstoffübergreifender Ausschreibungen, durch die Krankenkassen noch in der Diskussion. Hier beharrt insbesondere die Vertretung des AOK-Spitzenverbandes und deren Verhandlungsführung auf einer wirkstoffübergreifenden Ausschreibung, welche dazu führt, dass das ökonomische  Risiko und das Risiko der indikationsgerechten Kontrastmittelanwendung patientenindividuell auf den Radiologen übergeht.  Dafür lehnen sie selbstverständlich jegliche Verantwortung ab. Ob die anderen Krankenkassen auch dieser Meinung und insbesondere, ob das BMG auch dieser strikten Meinung ist, erscheint mir nicht sicher. Hier ist zu klären, ob die Krankenkassen einseitig die Therapiefreiheit definieren können oder ob nicht z. B. der GBA u.a. dafür zuständig ist? Dies bedarf der Klärung, ggf. juristisch.  Bei unserer Forderung nach Therapiefreiheit wurden wir sehr von der KBV unterstützt. 

Der BDR wird an der Therapiefreiheit als rote Linie im Zusammenhang mit der Kontrastmittelversorgung festhalten.  Das BMG sieht die Pauschalen und die regelmäßige Überprüfung der Höhe der Pauschalen vorwiegend als Mittel zur „Hebung wirtschaftlicher Reserven“ im System. Der BDR hält diese Art der Kontrastmittel- und Verbrauchsmittelversorgung der Radiologen und der Ärzte aus ethisch-moralischen und aus medizinischen und praktischen Gründen nicht für das optimale Modell. Das wirtschaftliche Risiko geht von den Krankenkassen auf die patientenversorgenden Ärzte über und das Problem der Therapiefreiheit der Radiologen gegenüber ihren Patienten wird ebenfalls an die Radiologen delegiert. Ob dies alles geeignet ist, das Vertrauen von Patienten in die Kontrastmittelinjektion als letztendlich segensreiches Mittel in der Verbesserung der radiologischen Diagnostik zu stärken, muss sich in der Zukunft zeigen. Insofern sind die Versorgungsmodelle in den elf „Nichtpauschalen Bundesländern“ durchaus als adäquat anzusehen. 

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Detlef Wujciak