EDITORIAL Leipzig 4.0 – „Wir müssen mutig sein, es geht ums Ganze“
Freitag, 07. Juni 2019
Info 06-19
Liebe Mitglieder, vier spannende, innovative und zukunftsweisende Tage liegen hinter den meisten von Ihnen. Der 1. RöKo fand 30. April - 3. Mai 1905, in den Räumen der „Ressource“ in der Oranienburger Straße 18 in Berlin, sozusagen um die Ecke der Charité und der Berliner BDR-Geschäftsstelle statt. Seit damals hat sich die „Röntgenologie zu einer selbständigen und für alle Zweige der Medizin heute unentbehrlichen Spezialwissenschaft ausgewachsen.“ Ein unverzichtbarer Zweig der Medizin, das diagnostische Zentrum – das ist und soll Radiologie immer bleiben. Dessen waren sich die 7.005 Teilnehmer*innen in Leipzig jederzeit bewusst, bestätigten es sich gegenseitig oder hörten in der Eröffnung und in der Röntgen-Vorlesung, dass die Radiologie eine strahlende Zukunft habe. Wieder der radiologischen Kurzzeit-Blase Leipzigs entstiegen wird jedoch deutlich, dass die Verortung innerhalb der medizinischen Fachgruppen tagtäglich und mit besonderem Selbstbewusstsein geführt werden muss. Die An- und Übergriffe und Absorptionsversuche der Teilgebietsradiologen, die Gleichgültigkeit der Selbstverwaltung ( mit wenigen Ausnahmen) gegenüber Ihrer Fachdisziplin, deren Diagnostik die eigentliche Grundlage jeder weiteren Behandlung darstellt, sind beispiellos. Anders in der vergangen Woche in Leipzig: bei jeder Zusammenkunft von wenigstens zwei Radiologen wurde die Frage nach der Zukunft des Faches, der eigenen Tätigkeit – egal ob in Praxis oder Klinik gestellt, fokussiert auf den Aspekt welche Bedeutung die Künstliche Intelligenz (KI) für die Fortentwicklung des Faches haben werde. Nicht nur die Radiologie, die gesamte Welt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Digitalisierung schreitet exponentiell voran, KI eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Algorithmen sollen Parkinson, Krebs oder Depressionen besser als Ärzt*innen erkennen – Medizin ist und war nie eine isolierte Disziplin, deshalb stellen sich Mediziner – und besonders auch Radiolog*innen - die Frage, ob die Gesellschaft zulassen kann und soll, dass künstliche Intelligenz eigenes Bewusstsein entwickelt oder es ihm zugeschrieben wird? Ranga Yogeshwar und Sascha Lobo haben in Leipzig von unterschiedlichen Blickwinkeln aus versucht, hierzu Anregungen zu geben. Bildgebende Verfahren seien der Urtyp der Daten(verarbeitung). Die Zukunft der Radiologie, der digitale Wandel ist alternativlos. Radiologinnen und Radiologen hätten eine Avantgarde-Funktion innerhalb des Gesundheitssystems. Diese Position gehe es aber nicht nur zu verwalten, zu verteidigen, sondern weiterzuentwickeln. Die Weiterentwicklung bedeutet, dass Radiolog*innen zukünftig diejenigen sein werden, die Daten und Datenverknüpfungen erklären, vermitteln und verstehbar gestalten werden. Dies ist das Zukunftsfeld des Faches. Somit sei KI keine Bedrohung, sondern die Chance. Radiolog*innen verfügen schon jetzt über ein tiefgreifendes Wissen, aber auch Vertrauen in maschinelle Prozesse und Technologien. Radiolog*innen haben Kompetenzen, die durch keine Maschine ersetzt werden kann. Nur Mut! Vizekanzler Olaf Scholz ( der es derzeit auch nicht leicht hat…) sagt „Wir müssen mutig sein, es geht ums Ganze“. In diesem Sinne war der 100. Röko nicht nur vorläufiger Kulminationspunkt einer einzigartigen Erfolgsgeschichte und sichtbarer Kristallisationspunkt einer vielfältigen Fachdisziplin, sondern Startpunkt einer spannenden Fortsetzung. Einheit ist Vielfalt!
Herzliche Grüße aus Berlin Sabine Lingelbach Geschäftsführerin
Ergänzung zu Olaf Scholz: "Wenn wir nicht Verhältnisse wie in London wollen, wo selbst Anwälte und Ärzte in Wohngemeinschaften leben, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können, müssen wir dagegen etwas unternehmen." Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Verständnis für den Berliner Mietendeckel - hält die Idee aber nicht für eine langfristige Lösung (Q: FAZ).
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