EDITORIAL Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch (1)
Mittwoch, 09. Dezember 2015
Info 12-15

Liebe  Kolleginnen und Kollegen,

4. Dezember 2015, Tatort KBV-VV, Maritim Hotel Berlin: die Abstimmung zur Hausarzt-Facharzt-Parität scheiterte zum dritten Mal, Kollege Baumgärtner von Medi  plädierte für einen pfleglichen Umgang mit dem "kranken Mann", KV-Vorsitzender Gassen kündigte  eine Klausurtagung zum Projekt „KBV 2020“ für 2016 an und spricht über die Zerrüttung in der KBV-Spitze. Alles nachzulesen auf der KBV-Webseite oder bei uns.

Die verfasste Ärzteschaft kreiert einmal mehr eine neue Folge ihrer eigenen Doku-Soap, die öffentliche Sitzungen wurde wieder live übertragen. Jeder konnte den Grad des Willens zur Aufklärung der strafrechtlichen Vergehen der Vergangenheit live mitverfolgen und die hinzukommenden Verfehlungen miterleben.

Medienwirksam wurde die Dualität von Krise und Chance beschworen. Ob die Chance für Veränderung und Neubeginn aber wirklich ergriffen wird, ist fraglich. Beteuert wurde, dass man, sofern Fehler in der Vergangenheit begangen worden sein sollten, diese auch benennen werde. Angemessen und erforderlich wäre aber in diesem Stadium ein klares „Ja, es wurden Fehler gemacht, wir klären rückhaltlos auf“ gewesen. „Resilienz“ als Form robuster Widerstandskraft einer Gruppe (hier Ärzteschaft) gegen die flächendeckende Verheerungen ( hier Aufsicht Bundesgesundheitsministerium) bedeutet nicht das Wegducken und unter den Teppich kehren. Der initiierte KBV-interne Vertrauensausschuss soll beides verhindern. Es muss nur aufrichtig angegangen werden und nicht nur ein Feigenblatt sein. Diejenigen, die  Aufklärung und Aufdeckung  der Verfehlungen fordern, sind keine „Nestbeschmutzer“. Es gilt auch nicht die Leistungen und das Engagement der beklagten Personen, die stellvertretend für ein marodes System in die Kritik geraten sind, gänzlich zu schmälern. Loyalität und persönliche Wertschätzung dürfen aber nicht zu deren Schutz durch Strafverschleppung führen. Genauso wie die Verfehlungen Einzelner nicht zu Kollektivhaftung führen dürfen und anstatt einer klaren Darstellung von Ursache und Wirkung das Vorurteil „so sind sie, die raffgierigen Ärzte“ stehen bleibt.

Der VV-Vorsitzende Weidhaas bemühte in seiner Eröffnungsrede Friedrich Hölderlins Dualismus Gefahr und Rettung. Hölderlin erwartete aber in bedrohlichen Situationen als Ausweg und Lösung die  Veränderung „Nah sind nun die großen Umwälzungen“.

Ausblick auf das nächste Jahr:  Hoffentlich ist es nicht zu spät und die Ärzte können die Richtung der Umwälzung noch selbst bestimmen!

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Praxisteams eine erholsame Weihnachtszeit und einen guten Start in das Jahr 2016.

 

Ihr Helmut Altland

 

(1)               Friedrich Hölderlin Patmos, 1801